3. August
Nach zwei Stunden Schlaf, einer Dusche und Kaffee bin ich wieder ins Krankenhaus gefahren. Ich wurde nicht reingelassen, musste fahren um einen Coronatest zu machen, auf das Ergebnis warten und kam um 11 Uhr wieder zu dir.
Das Erste, was ich gesehen habe, war, dass der Sauerstoffwert deines Gehirns gesunken war. Während ich nicht da war, wurden deine Handbewegungen untersucht, ob es eine Spastik war.
Irgendwann in den letzten Tagen kam mir die Idee, dass du vielleicht aufgegeben hast, als ich weg war.
Um 12 Uhr haben sie dich ins MRT geschoben. Als du wiederkamst, konnte man dem Arzt schon ansehen, dass es nichts Gutes gab. Dein Gehirn war angeschwollen, du bekamst abschwellende Medikamente und sobald du richtig versorgt warst, wollten sie mit uns reden.
Das Gespräch fand um ca. 15 Uhr statt.
Ich hatte vorher im vorbeigehen auf einem Monitor im Flur ein MRT-Bild von einem Kopf gesehen, dass zur Hälfte nichts gezeigt hat, das konnte aber nicht dein Gehirn sein!
Wir sind mit den Gedanken, dass sie uns sagen, dass du schwerstbehindert bleiben wirst oder sie dir den Schädel aufschneiden werden, in das Besprechungszimmer gegangen.
Beim Gespräch wurde uns mitgeteilt, dass sie die Zeiten zusammengerechnet haben, in denen dein Gehirn nicht mit Sauerstoff versorgt wurde. 1,5 Stunden! Die Reanimationsmaßnahmen, die im Krankenwagen/Krankenhaus durchgeführt wurden, hätten aus medizinischer Sicht nicht mehr durchgeführt werden sollen. Dein Gehirn war so angeschwollen, dass es keinerlei Durchblutung mehr gab, damit war die Hoffnung, dass du wenigstens mit einer Behinderung bei uns bleibst, dahin. Du warst tot und wurdest nur durch die Geräte am Leben gehalten.
Das weitere Vorgehen bei Hirntod war, dich aus dem künstlichen Koma zu holen, die Medikamente weitgehendst wegzulassen und dann nach offizieller Feststellung des Hirntodes die Geräte abzuschalten. Es konnte natürlich auch jederzeit passieren, dass dein Herz aufhört zu schlagen.
Ricci und ich waren in einem Tunnel. Wir konnten verstehen, was uns gesagt wurde, konnten Entscheidungen treffen (Organspende), wir konnten an andere denken (Kann die Familie trotz Corona und Intensivstation Abschied nehmen?), wir konnten heulen und schreien vor Schmerz, aber begriffen haben wir es nicht.
Am Spätnachmittag sind wir nach Hause gefahren, haben die Familie informiert, wollten uns etwas ausruhen, aber ich konnte nicht bleiben. Ich bin wieder zu dir gefahren, irgendwann mitten in der Nacht nach Hause zwei Stunden schlafen und wieder zu dir. Ich wollte dich noch so viel wie möglich ansehen und anfassen, auch wenn das wegen der ganzen Schläuche und Apparate kaum möglich war.
Mittwochabend durften Oma Gilla u. Opa Heiner schon zu dir. Für den Donnerstag mussten wir eine Liste schreiben, wer wann kommen wird.
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